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Die Steigerung der Resilienz des Risk-&-Compliance-Programms ist eine zunehmende Anforderung der Prüfer und Regulatoren und in diversen Gesetzen verankert. Die Herausforderung liegt darin, dies effektiv digital zu gestalten und dabei die Effizienz bei stetig ansteigender Volatilität zu meistern. Automatisierung, der Einsatz von KI und gut abgestimmte Policies & Procedures helfen dabei, diesen Prozess zu optimieren.
Die internen Compliance-Regelungen zu steuern, ist anspruchsvoll, unabhängig davon, ob es sich dabei um nationale, internationale oder global agierende Unternehmen handelt. Zum einen müssen die verschiedenen Entitäten in dem komplexen Organisationsgeflecht koordiniert, zum anderen auch die regional unterschiedlichen, sich überschneidenden und nicht selten widersprechenden regulatorischen Anforderungen berücksichtigt werden. Dabei spielen auch die sich aus dem spezifischen Geschäftsmodell ergebenden Compliance Risiken eine wichtige Rolle.
Der Head of Compliance beziehungsweise die Compliance-Abteilungen meistern diese Aufgabe, indem sie sogenannte Policies & Procedures (P&P) erlassen. Das sind interne Regelungen, die es ermöglichen, eine gruppenweite Umsetzung, zum Beispiel von Embargo- und Sanktionsüberwachungsprozessen sicherzustellen. Dies erfolgt mittels textlich verfasster Dokumente, die die Richtlinien und Regeln für die Gruppe einheitlich darstellen. Die Aufgabe ist die erfolgreiche und vollständige Umsetzung in den jeweiligen Niederlassungen mit Hilfe von Kontrollpunkten, sogenannte Controls.
Für die Erstellung neuer beziehungsweise die Anpassung bestehender P&Ps gibt es zwei wesentliche Ursachen:
Neben der Fülle an Vorgaben und deren zunehmender Volatilität, sind vor allem Effektivität und Effizienz die wesentlichen Herausforderungen an das Compliance-Management. Auf der einen Seite darf man den Anschluss an den oder die Regulatoren nicht verlieren und muss bei immer enger werdenden Umsetzungszeiträumen auch den Umsetzungsprozess steuern können.
Auf der anderen Seite sollte dem Aufbau von Redundanzen vorgebeugt und durch die Bereitstellung der erforderlichen Transparenz die Effizienz in der Organisation gesteigert werden. Als positiver Nebeneffekt ergibt sich daraus die schnelle Bearbeitung von Anfragen aus der Revision, von externen Prüfern oder der Aufsichtsbehörde.
Mit der Formulierung und Anweisung zur Umsetzung der Policies & Procedures ist es allerdings nicht getan. Zum einen müssen die verschiedenen operativen Prozesse und Systeme aller betroffener Entitäten und Niederlassungen angepasst werden. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass dies nicht zentral über Group Compliance erfolgen kann, sondern dezentral durchgeführt werden muss. Weiterhin müssen zusätzliche Anforderungen dieser dezentralen Einheiten und deren spezifischer gesetzlicher Situation berücksichtigt werden. Im schlimmsten Fall widersprechen sich die Anforderungen der Gruppe mit den juristischen Erfordernissen. Ein eingängiges Beispiel liefert die DSGVO, die in Europa strenge Anforderungen an den Datenschutz zu Grunde legt und durchaus im Widerspruch mit Transparenzvorschriften anderer Länder und deren Jurisdiktionen steht.
Die Organisation der strukturierten Umsetzung dieser Policies & Procedures stellt somit ein nicht zu unterschätzendes, komplexes Problem dar, das mit Hilfe der entsprechenden IT-Unterstützung sichergestellt werden kann.
Um den Prozess der strukturierten Abarbeitung und Umsetzung der Policies & Procedures für die Compliance Abteilung zu unterstützen, braucht es einen, an die Bedarfe der Gruppe anpassbaren Workflow. Dadurch werden die Aufgaben und deren Verantwortung transparent und sind übersichtlich einsehbar. Der Umsetzungszustand der Policies & Procedures kann jederzeit abgefragt werden, insbesondere im Rahmen externer Prüfungen.
Eine weitere wichtige Funktionalität stellt die Überführung der P&Ps als unstrukturierten Text in eine strukturierte und für weitere Aufgaben geeignete Darstellungsform. Dies kann in Form einer Control-Matrix (siehe Abbildung 1) erfolgen, die den Prüfobjekten (y-Achse) die Kontrollen (x-Achse) gegenüberstellt und dadurch eine übersichtliche Beschreibung der P&Ps ermöglicht. Die Befüllung der Matrix orientiert sich dann an den Inhalten der P&P’s.
Zusammen mit einem ausführlichen Reporting und einer vollständigen Logging Funktionalität, die jeden Schritt innerhalb des Workflows dokumentiert, ist man jederzeit in der Lage dem Regulator und den Wirtschaftsprüfern Auskunft zu erteilen. Dies stellt die Integrität der Gruppe und die Konsistenz des Risiko- und Compliance-Programms sicher, minimiert den Aufwand und die damit verbundenen Kosten und führt zu einer effektiven und effizienten Compliance-Organisation.
Abbildung 1 – Darstellung einer Control-Matrix, die die Prüfprojekte mit den erforderlichen Kontrollen verbindet und dadurch eine übersichtliche Darstellung der umzusetzenden Anforderungen ermöglicht
In aller Regel haben die Institute bereits eine Vielzahl bestehender Policies & Procedures im Einsatz. Die Überführung all dieser Dokumente in eine IT-Lösung wäre ein außerordentlich hoher Aufwand, der rein manuell nicht zu leisten ist. Hier kommt die KI ins Spiel. Mit Hilfe geeignet trainierter Large Language Models werden alle bestehenden P&Ps analysiert und in die Zielstruktur überführt. In einem nachgelagerten Qualitätssicherungsprozess können die Ergebnisse auf Vollständigkeit und Korrektheit überprüft werden. So ist man sehr schnell in der Lage, das System initial aufzusetzen. Der sogenannte Legal-Change-Prozess kann somit zu einem guten Teil digital automatisiert werden.
Weitere Funktionalitäten für die Analyse unstrukturierten Daten stehen dem Anwender ebenfalls zur Verfügung. Über die Summary-Funktion ist er in der Lage, bei neuen Gesetzestexten schnell eine inhaltliche Übersicht zu erhalten, die Diff-Funktion erlaubt es, zum Beispiel bei geänderten regulatorischen Anforderungen, die Neuerungen zu extrahieren und damit seine P&Ps entsprechend anzupassen. Die Plattform stellt somit ein Werkzeug bereit, mit dessen Hilfe man schnell und zuverlässig interne Richtlinien anpassen beziehungsweise erarbeiten kann, um sie dann nachvollziehbar umzusetzen.
Die Strukturierung der P&Ps ist nur ein erster Schritt. Um den Compliance-Prozess vollständig automatisiert zu unterstützen, ist der Aufbau beziehungsweise die Integration in eine zentrale Daten- und Anwendungsplattform erforderlich.
Dadurch wird es möglich, die in den operativen Systemen (AML, Sanktionsüberwachung, Betrug, …) befindlichen Regeln und deren Konfiguration zu harmonisieren. Dies führt zu einem Gleichklang der Überwachungssysteme, die in den verschiedenen Entitäten zum Teil unterschiedlich eingesetzt werden.
Ein weiterer Aspekt ist die Zusammenstellung gruppenweit relevanter Informationen für die Compliance, die in einem übersichtlichen Management-Board zusammengefasst werden und dadurch alle wesentlichen Ereignisse und Risiken „auf einen Blick“ ermöglicht.
Durch diesen Automatisierungsprozess wird die Aufgabe der Compliance-Abteilung – vom Compliance-Officer bis zum Geldwäschebeauftragten, vom Policy Advisor bis zum Business Analyst – wesentlich erleichtert. Es ermöglicht, das Unternehmen auf Basis qualitätsgesicherter Daten und Prozesse aus dieser Perspektive heraus zu steuern.
In diesem Blogbeitrag möchte ich einen Ausblick auf 2023 und Folgejahre geben, also die nahe Zukunft unserer Domäne, die sich der Bekämpfung der Finanzkriminalität verschreibt. Wie immer in solchen Ausblicken erheben diese keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellen eine Mischung aus subjektiver Wahrnehmung und Beobachtung sowie objektiver Analyse dar.
Da es unterschiedliche Sichtweisen auf den Bereich „Anti-Financial Crime Compliance“ gibt, möchte ich zunächst einmal darstellen, was hierunter zu verstehen ist, ohne auf allzu viele Details einzugehen. Daran anknüpfend kann die Bewertung des Jahres 2022 und der Ausblick auf die nahe Zukunft erfolgen. Wir bei msg Rethink Compliance fassen die nachfolgenden Bereiche unter dem Begriff Anti-Financial Crime (AFC) zusammen. Dabei ist jeder Bereich eigenständig zu sehen, auch wenn es Schnittmengen untereinander gibt. Siehe hierzu auch unser Glossar.
Explizit ausgenommen sind in dieser Betrachtung die Bereiche Tax Evasion, also die Steuerhinterziehung, die Schnittmengen zu AML und KYC hat, sowie der Bereich Anti-Cybercrime, der im weiteren Sinne zur Betrugsprävention gehört, aber zum Beispiel in den Bereichen der Industriespionage ein eigenes Themenfeld darstellt. Diesem Sachverhalt tragen wir in der msg Gruppe Rechnung und bieten mit den msg security advisors Spezialkompetenz an.
Zum Jahr 2022 liefert die Plattform Financial Crimes News eine meines Erachtens sehr gute und strukturierte Übersicht und Analyse der Ereignisse samt interessanter Fragestellungen (Fighting Financial Crime in 2022 – Dashboard by FCN). Da auch nahezu jeder Softwareanbieter in dem Bereich nicht müde wird, die Geschehnisse des Jahres mal mehr, mal weniger zu kommentieren, möchte ich mich nicht in diesen Reigen einreihen.
Wir untersuchen fortlaufend und systematisch den Markt. Dafür haben wir unser AFC-Radar entwickelt, in dem wir alle Beteiligten genauer betrachten, Beobachtungen sammeln, Trends identifizieren und dann prüfen, inwieweit diese nachhaltige Auswirkungen für die AFC-Compliance haben. Hierzu gehören Politik, Regulatoren, Überwachungsorganisationen oder die betroffenen Branchen wie Banken, Versicherungen und andere. Wir berücksichtigen aber auch Veränderungen in der Art der Arbeit, Technologieverfügbarkeiten, Systemlieferanten und Softwareanbieter sowie die Einsatzmöglichkeiten der Anwendungen. Diese Beobachtungen versuchen wir über vier Betrachtungsperspektiven zu erhärten. Die nachfolgende Darstellung gibt einen groben Eindruck von der Vielzahl der betrachteten Treiber.
Grundsätzlich darf man annehmen, dass diesen Treibern die generelle Motivation zu Grunde liegt, eine Verbesserung der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität herbeizuführen. Einer aktuellen Diskussion um die künstliche Intelligenz (KI) folgend habe ich kürzlich ChatGPT, einen fortschrittlichen Prototyp eines Chatbots des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI ausprobiert. Auf die Frage „Hast Du Ideen für die Verbesserung zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität?“ lieferte der KI-gesteuerte Bot folgende Antwort[1]:
Das dahinterstehende Transformer-basierte Machine-Learning-Modell[2] wurde auf einem großen Datensatz von Konversationen trainiert. Mainstream dominiert hier, nicht zwingend Fakten. So können diese sechs von ChatGPT genannten Punkte nicht wirklich überraschen. Dies bleibt auch so, wenn man jeden einzelnen Aspekt der obigen Antworten weiter hinterfragt. Selbst auf die Frage, wie das umgesetzt werden kann, liefert das Modell Hinweise. Auf die besondere Bedeutung von Transformer-Modellen, inklusive der neueren Feedback-Transformer-Architekturen[3], für die regulatorische Compliance haben wir auf diversen Konferenzen bereits hingewiesen, ebenso wie auf die Probleme, vor allem in Bezug auf Wahrnehmungsverzerrungen („Bias“) von KI/ML. ChatGPT hat große Aufmerksamkeit geweckt und viel Zuspruch erfahren, jedoch sind für diese spezifische künstliche Intelligenz noch gänzlich andere Fragen kritisch zu stellen, die hier jetzt nicht verfolgt werden sollen. Aber sicherlich kann man voraussagen, dass im Bereich der AFC-Compliance der Technologieeinsatz − dazu gehört letztlich auch KI/ML − weiter zunehmen wird, um die Effektivität und Effizienz zu erhöhen.
Für die nähere Zukunft der AFC-Compliance sehen wir unter anderen auch die folgenden weiteren Themen, Signale und Trends:
Regulation & Aufsicht. Hierunter habe ich versucht, unsere wesentlichen Beobachtungen zu den Anforderungen und Verhaltensweisen der Regulatoren und Aufsichtsbehörden darzustellen, ohne hierbei auf neue oder Anpassungen bestehender Gesetze (AMLA, LkSG, EU Supply Chain Directive, EU AI Act und viele andere mehr) einzugehen. Ebenso habe ich spezielle Industriethemen unberücksichtigt gelassen wie Target2 im Zahlungsverkehr, welches in der EU dieses Jahr erfolgreich gelingen sollte, den Immobiliensektor, der sich einer verschärften Regulation und Aufsicht stellen darf, die sogenannten DNFBPs („Designated Non-Financial Businesses & Professions”), für die gleiches gelten wird, oder die Herausforderungen im Payments-Bereich und im eCommerce. Vielmehr behandele ich nachfolgend die allgemein gültigen Themen.
Im Bereich der Industrietreiber möchte ich aus der Summe der identifizierten Beobachtungen die nachfolgenden erwähnen:
Effektivität & Effizienz. Man ist geneigt, diesen Punkt immer als technologisch motiviert zu betrachten. Dem ist nicht so! Zwar nehmen in diesem Bereich die Themen Automatisierung und KI/ML einen großen Raum in der Diskussion ein, doch wäre es fatal anzunehmen, dass ausschließlich mittels Technologie eine Besserung der Situation herbeigeführt werden könne. Technologie – ob neu oder geändert – sollte immer auch eine Adaption der Prozesse und gegebenenfalls der Aufbauorganisation nach sich ziehen oder dies der Technologie gar vorausgehen.
Man könnte sehr viel mehr schreiben, doch stellen die oben angeführten Punkte meines Erachtens eine gute Mischung aus aktuell diskutierten und für die nahe Zukunft zu erwartenden Herausforderungen dar. AFC-Compliance bleibt, wenig überraschend, auch im Jahr 2023 ein anspruchsvolles Thema sowohl in Punkto Effektivität als auch notwendiger Effizienzverbesserung und Verhältnismäßigkeit der Mittel.
[1] ChatGPT Dec 15 Version in a Free Research Preview; Original Question: “Got any ideas to improve combatting financial crime?”
[2] Transformer bezeichnet ein Deep-Learning-Modell, welches auf sequentiellem Dateninput basiert, der aber parallelisiert werden kann und damit hilft, die Trainingszeit deutlich zu reduzieren.
[3] Der Begriff „Feedback Transformer“ entstammt einem Forschungspapier vom 25.01.2021 der Autoren Angela Fan, Thibaut Lavril, Edouard Grave, Armand Joulin, Sainbayar Sukhbaatar, sämtlich von Facebook AI Research, in dem Limitationen von herkömmlichen Transformer-Modellen ebenso aufgezeigt wurden wie die mögliche Beseitigung dieser Einschränkungen. Wir empfinden den Begriff tendenziell irreführend und verwenden in der Regel den Begriff „rekursiver Transformer. Hierbei werden alle Layer in einem Vektor pro Zeitschritt dem Modell-Gedächtnis zugeführt, nicht nur die Repräsentationen der niedrigeren Ebenen. Daraus entstehen deutlich leistungsfähigere Modelle.
[4] Vgl. Brunnermeier, M. K. (2021), The Resilient Society, 2nd Edition.
[5] Am 18.10.2022 urteilte das zuständige Gericht in Amsterdam, dass die Neobank bunq zur Bekämpfung von Geldwäsche sehr wohl auf Methoden der künstlichen Intelligenz zurückgreifen könne. Unter anderem das wurde von der niederländischen Zentralbank bislang abgelehnt. In dem Urteil werden allerdings auch Mängel der Bank in der Effektivität des Monitorings vor allem im Bereich der Kundenrisikoklassifizierung bestätigt. Sowohl die DNB als auch bunq sehen ihre Meinungen in dem Urteil bestätigt. In Bezug auf den Einsatz moderner Technologie zur Bekämpfung der Geldwäsche hat die DNB auf Basis des Urteils angekündigt, in den Dialog mit dem Finanzsektor zu gehen.
Es wird viel geschrieben und berichtet zum Thema Lieferketten-Compliance, ob zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), der entsprechenden EU-Direktive, die dazu in Vorbereitung ist, oder den international schon länger gültigen und ebenfalls die Lieferkette betreffenden exterritorialen Gesetze wie den UK Bribery Act (UKBA) oder den US Foreign Corrupt Practices Act (FCPA). Meine Kolleginnen haben sich bereits inhaltlich mit den einzelnen Richtlinien wie auch den weiteren Kontext zu Bestechung, Korruption und ESG auseinandergesetzt und dies in anderen Blogbeiträgen veröffentlicht. [👉Pinar Karacinar-Gehweiler: Compliance-Anforderungen aufgrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes; 👉Lea Ilina: ESG im Spannungsfeld der Korruption]. Dieser Blogbeitrag skizziert nun ein entsprechendes IT-System zur Unterstützung der Lieferketten-Compliance und zeigt auf, welche Komponenten wie und warum Teil eines solchen Systems sein sollten.
Auch wenn die oben genannten Regulatorien auf den ersten Blick wenig gemein zu haben scheinen, so verbinden sie doch alle mindestens die nachfolgenden Punkte:
Daraus ergibt sich kurz folgende Prozesssicht auf die Thematik:
Abb. 1: Prozessuale Sicht Geschäftspartner-Screening
Die Zusammenlegung der skizzierten Themen ermöglicht das Heben von Effizienz- und Produktivitätsvorteilen. Es lässt sich so ein einheitliches System für die Geschäftspartner-Compliance herstellen, welches die diesbezüglichen unternehmensspezifischen Risiken ganzheitlich abdeckt und darstellt. Neben Transparenzvorteilen ergibt sich hieraus vor allem eine Redundanzvermeidung in der Bearbeitung unternehmensintern wie auch auf Seiten des Geschäftspartners, also des Lieferanten. Die Unterstützung durch ein flexibles IT-System, der Einfachheit halber Lieferketten-Compliance-Lösung genannt, trägt weiter zur Kostensenkung durch Vermeidung von IT-Silos, redundanter Datenaufbereitung und -haltung und zur Verringerung der sonstigen direkten und indirekten Kosten einer solchen Softwarelösung im Vergleich zu mehreren Einzellösungen bei.
Aus den oben angeführten Überlegungen im Zusammenhang mit der prozessualen Sicht auf einen Geschäftspartner-Lebenszyklus ergibt sich für den Aufbau einer solchen, flexiblen Softwarelösung folgender schematischer Aufbau, angefangen mit den Kernprozessen:
Nachdem die Kernprozesse grob beschrieben wurden, ergibt sich die Frage der Akteure, die an bzw. mit einem solchen System arbeiten müssen, also die Frage nach Schnittstellen und Benutzerrollen. Auch hier ist die Auflistung schematisch zu verstehen.
Schnittstellen:
Zu den Schnittstellen ist zu bemerken, dass hier nicht auf spezielle, landes- oder industriespezifische Berichtsanforderungen zu Aufsichtsbehörden eingegangen wird, die gegebenenfalls eine weitere Schnittstellenanforderung darstellen können.
Benutzerrollen:
Zu den Rollen ist zu bemerken, dass diese immer unternehmensspezifisch einzurichten sind und sich diese wie auch die Rollenbezeichnungen durchaus anders darstellen können.
Daraus ergibt sich grob das folgende Use-Case-Diagramm für ein IT-gestütztes Lieferketten-Compliance-System:
Abb. 2: Use-Case-Diagramm eines IT-gestützten Systems für die Lieferketten-Compliance (ohne Ereignis-/Transaktionsmonitoring)
Die skizzierte IT-gestützte Umsetzung eines Geschäftspartner-Compliance-Systems ist generisch und kann in dieser Form die regulatorischen Compliance-Anforderungen zur Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern allgemein (Vertriebspartner, Joint-Ventures, Forschungsinitiativen, HR-Partner, etc.) sowie Lieferanten im Speziellen unterstützen. Auf aufsichtsrechtliche Spezifika wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit ebenso verzichtet wie auf industriespezifische Anforderungen. Im Rahmen dieser Blogreihe werden wir in Kürze auch Einblicke bzw. Beispiele geben zu Risikomodell, Prüfstrategie und Reporting. Es lohnt sich also, dem #rethinkcompliance Blog zu folgen und dranzubleiben.
Im April 2013 ging ein Aufschrei durch die Medien, als bei einem Gebäudeeinsturz einer Textilfabrik in Indien über 1.000 Menschen ihr Leben ließen. Die betroffenen Mitarbeiter hatten zuvor Risse am Gebäude entdeckt, wurden aber gezwungen weiterzuarbeiten. Die Frage der Schuld und der Verantwortlichen stand im Raum. Waren es die Vorgesetzten, welche die Mitarbeiter trotz der bekannten Mängel am Gebäude zum Weiterarbeiten zwangen? Trugen nicht auch die internationalen Modeketten, die ihre Produkte möglichst günstig herstellen lassen, eine Mitschuld? Oder am Ende nicht auch der Verbraucher, für den Textilien nicht billig genug sein können?
Diese Tragik des Verlusts von so vielen Menschenleben am Arbeitsplatz war Anstoß für eine Diskussion über Verantwortung. Plötzlich wurde weltweit über faire Arbeitsbedingungen in der Textilbranche diskutiert. Auch wenn das nicht die Geburtsstunde des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) war, hat es zumindest die Bestrebungen in diese Richtung beschleunigt.
Ein halbes Jahr nach dem Unglück gab es ein Abkommen namens „Rana Plaza Arrangement“, wodurch Angehörige Entschädigungen erhielten. Die Firmen haben sich zunächst geweigert und erst im Oktober 2015 wurde den Betroffenen die Entschädigungen ausbezahlt. Eine weitere, durch dieses Ereignis ausgelöste Veränderung war das Gebäudesicherheitsabkommen „Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh“. Diese steht für besseren Schutz und mehr Sicherheit in den Textilfabriken, um die Missstände dort aufzuheben. Ende 2013 wurde auch der Mindestlohn der Textilarbeiter endlich angehoben.[i]
Was wird vom Lieferkettengesetz erfasst?
Unternehmen sind sich im Regenfall der Risiken ihres Agierens im internationalen Kontext bewusst. Dennoch lautet der Vorwurf häufig, dass sie beispielsweise günstig im Ausland produzieren, ohne sich um die Risiken, die für Mensch und Umwelt entstehen, zu kümmern. Genau hier setzt das LkSG an. Künftig tragen Unternehmen die Verantwortung für die Verletzung von Menschen und Umweltrechten entlang der Lieferkette.
Das am 11. Juni 2021 verabschiedete so genannte Lieferkettengesetz soll dafür Sorge tragen, dass Unternehmen von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden auf Menschenrechte und die Umwelt achten. Dies gilt sowohl im In- als auch im Ausland. Dadurch sollen beispielsweise Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung und mangelnde Sicherheitsstandards in der Lieferkette verhindert werden. Durch bessere Arbeitsbedingungen soll das Risiko für Arbeitsunfälle und andere Gesundheitsrisiken minimiert werden.
Der Begriff der Lieferkette ist weit gefasst. Davon werden gemäß § 2 Abs. 5 LkSG sämtliche Produkte und Dienstleistungen erfasst, insbesondere alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind. Darüber hinaus ist neben der direkten Anwendbarkeit auch die mittelbare Ausstrahlungswirkung des LkSG zu berücksichtigen.
Ab wann müssen die Inhalte des neuen Gesetzes umgesetzt werden?
Am 1. Januar 2023 wird das LkSG in Kraft treten. Unternehmen müssen jetzt schon ihr Risikomanagement entsprechend der neuen gesetzlichen Anforderung anpassen. Das Lieferkettengesetz verpflichtet alle Unternehmen dazu, einen klaren verhältnismäßigen und zumutbaren gesetzlichen Rahmen zur Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten einzuhalten. Die Anforderungen orientieren sich am Due-Diligence-Standard.
Ist mein Unternehmen vom LkSG betroffen?
Das LkSG ist auf alle Unternehmen nach deutschem oder ausländischem Recht unabhängig von ihrer Rechtsform anwendbar, wenn sie ihren Hauptverwaltungs- oder Satzungssitz oder ihre Hauptniederlassung in Deutschland haben.
Zudem werden auch Unternehmen erfasst, die gemäß § 13 d HGB eine Zweigniederlassung in Deutschland haben. Auch deutsche Tochterunternehmen können in den Anwendungsbereich des LkSG fallen.
Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten handelt, wozu auch etwaige ins Ausland entsandte Arbeitnehmer zählen. Bei Obergesellschaften ist die Mitarbeiterzahl aller konzernangehörigen Gesellschaften einzuberechnen. Bei der Mitarbeiterzahl müssen auch Leiharbeitnehmer, die mindestens sechs Monate für das Unternehmen tätig sind, berücksichtigt werden.
Ab dem 1. Januar 2024 sinkt dieser Schwellenwert von 3.000 auf 1.000 Mitarbeiter.
Im Sommer 2024 soll darüber hinaus entschieden werden, ob der Anwendungsbereich des LkSG noch weiter ausgedehnt wird, so dass auch Unternehmen mit weniger als 1.000 Arbeitnehmern durch das LkSG verpflichtet werden.
Experten vermuten, dass Unternehmen, die Nicht-Verpflichtete nach dem LkSG sind, zumindest mittelbar betroffen sein werden. Mit ihnen zusammenarbeitende Unternehmen könnten sie vertraglich verpflichten, so dass auch sie sich an die Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes halten müssen. Darüber hinaus sind zuliefernde Unternehmen mittelbar vom LkSG betroffen.
Was passiert, wenn ich mich nicht oder zu spät an die neuen gesetzlichen Anforderungen halte?
Bei einem Verstoß gegen das LkSG können Bußgelder bis zu 800.000 Euro bei vorsätzlichen und fahrlässigen Verstößen drohen. Bei Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 400 Mio. Euro kann das Bußgeld auf bis zu zwei Prozent des globalen Umsatzes erhöht werden. Nach § 22 LkSG können Unternehmen sogar für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, wenn ein Bußgeld von 175.000 Euro oder mehr verhängt wird. Ein mit einem Verstoß einhergehender Imageschaden könnte mittelbar zu weiteren finanziellen Schäden führen.
Allerdings ist gemäß § 3 III LkSG eine zivilrechtliche Haftung des Unternehmens wegen Verletzungen von Sorgfaltspflichten bezüglich der Wahrung von Menschenrechten sowie dem Schutz der Umwelt ausgeschlossen. Folglich gibt es auch keine persönliche Haftung der Geschäftsleiter wegen Verstößen gegen das LkSG.
Welche Pflichten habe ich als Unternehmen?
Die aus dem LkSG resultierenden Sorgfaltspflichten lassen sich folgendermaßen unterteilen:
Damit endet die Verantwortung nicht mehr wie bisher ausschließlich im eigenen Unternehmen, sondern diese besteht – wie der Name des Gesetzes schon erkennen lässt – darüber hinaus: entlang der Lieferkette.
Das Lieferkettengesetz enthält einen abschließenden Katalog von elf international anerkannten Menschenrechtsübereinkommen. Aus den dort geschützten Rechtsgütern werden Verhaltensvorgaben bzw. Verbote für unternehmerisches Handeln abgeleitet, um eine Verletzung geschützter Rechtspositionen zu verhindern. Dazu zählen insbesondere die Verbote von Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsarbeit, die Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, die Vorenthaltung eines angemessenen Lohns, die Missachtung des Rechts, Gewerkschaften bzw. Mitarbeitervertretungen zu bilden, die Verwehrung des Zugangs zu Nahrung und Wasser sowie der widerrechtliche Entzug von Land und Lebensgrundlagen.
Das Gesetz spricht in § 3 LkSG lediglich von Bemühenspflichten der Unternehmen. Es besteht also weder eine Erfolgspflicht noch eine Garantiehaftung. Sämtliche Sorgfaltspflichten stehen zudem unter einem Angemessenheitsvorbehalt, der Unternehmen einen Ermessens- und Handlungsspielraum einräumt. Eine Abstufung der Pflicht ergibt sich aus den bestehenden Einflussmöglichkeiten des Unternehmens. Daraus resultiert, dass gemäß § 3 III LkSG Unternehmen für eine Verletzung der ihnen auferlegten Sorgfaltspflichten zivilrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Somit gibt es auch keine persönliche Organhaftung der Geschäftsleiter.
Auch wenn Unternehmen Menschenrechte und Umweltbelange beachten müssen, kann von ihnen nichts Unmögliches abverlangt werden. Die Sorgfaltspflichten können auch dann erfüllt werden, wenn nicht die gesamte Lieferkette nachverfolgt oder Präventions- oder Abhilfemaßnahmen nicht vorgenommen werden konnten, falls dies tatsächlich oder rechtlich unmöglich war.
Auch wenn das LkSG insbesondere von Unternehmerverbänden kritisiert wurde, weil dies nach ihrer Ansicht beispielsweise die Wettbewerbsfähigkeit schädigen würde, so ist das Thema Nachhaltigkeit in der Rechtslandschaft nicht ganz neu. Seit 2017 besteht im Rahmen des CSR RUG (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) die Verpflichtung zur Offenlegung von bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten wie Umwelt- und Sozialbelange, Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption.
Welche Compliance-Maßnahmen muss ich ergreifen?
Aufgrund des LkSG sind Unternehmen und Geschäftsleiter verpflichtet, ein Compliance-System zur Beachtung von menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten einzurichten:
Das Gesetz schreibt in § 4 I LkSG vor, dass ein Risikomanagement eingerichtet werden muss, um Risiken sowie Verletzungen von Menschen- und Umweltrechten entlang ihrer Lieferketten zu identifizieren, verhindern, beenden oder zumindest zu minimieren. Aus dem Gesetz geht hervor, welche Präventionsmaßnahmen, Verpflichtungen zu Beschwerdeverfahren und Berichterstattungen hierfür erforderlich sind. Daneben müssen klare Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens zur Überwachung des Risikomanagementsystems eingerichtet werden. Es muss im Unternehmen eine verantwortliche Person für das Risikomanagement bestimmt werden. Hierfür muss gemäß § 5 LkSG eine entsprechende Risikoanalyse zur Ermittlung menschenrechts- und umweltbezogener Risiken durchgeführt werden.
Im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern hat das Unternehmen mindestens einmal im Jahr sowie anlassbezogen bei wesentlich veränderter oder erweiterter Risikolage zu überprüfen, ob eine Verletzung von Menschenrechts- oder Umweltbelangen vorliegt. Bei mittelbaren Zulieferern besteht die Pflicht zur Risikoanalyse nur, wenn das Unternehmen substanziierte Kenntnis von möglichen Verletzungen hat.
Wenn Unternehmen ein Risiko feststellen, müssen nach § 6 I und V LkSG unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen ergriffen und diese jährlich sowie anlassbezogen überprüft werden. Stellt das Unternehmen sodann Verletzungen fest, hat es Abhilfemaßnahmen vorzunehmen. Ultima Ratio kann auch der Abbruch der Geschäftsbeziehung zu dem Zulieferer sein.[ii]
§ 8 LkSG verpflichtet Unternehmen dazu, ein angemessenes internes Beschwerdeverfahren einzurichten. Damit soll ermöglicht werden, dass Personen auf mögliche menschenrechts- oder umweltbezogene Risiken sowie Verletzungen im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens oder bei einem unmittelbaren Zulieferer hinweisen können.
Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten soll gemäß § 10 I LkSG entsprechend dokumentiert und sieben Jahre aufbewahrt werden. Zudem besteht nach § 10 II bis IV LkSG die Pflicht, jährlich einen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen und auf der Unternehmens-Webseite spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres zu veröffentlichen. Die Leitungsebenen sollen des Weiteren eine Grundsatzerklärung für die Menschenrechtsstrategie des Unternehmens abgeben.
Environmental, Social, Governance (ESG)
In der Diskussion, wie sich Unternehmen LkSG-konform aufstellen, nimmt die Prüfung der ESG-Aspekte eine zentrale Rolle ein. Vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Lieferkette müssen die Themen Umwelt, Soziales (beinhaltet Aspekte wie Sicherheit, Gesundheit von Mitarbeitern, Arbeitsrechte etc.) sowie Unternehmensführung (beinhaltet Themen wie Korruption, etc.) mitberücksichtigt werden. Ein Rating von Geschäftspartnern für das gesamte Spektrum der ESG-Bereiche sollte in die Risikoanalyse mit einfließen, um den Ansprüchen an die gesetzlichen Sorgfaltspflichten gerecht zu werden.
Weitere Regularien neben dem LkSG
Neben dem deutschen LkSG gibt es noch weitere Regularien, die es im internationalen Kontext gilt zu berücksichtigen:
EU-Lieferkettengesetz: Seit Februar 2020 gibt es einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz. Dieser geht deutlich weiter als das deutsche LkSG. Der Gesetzesentwurf richtet sich an EU-Firmen und in der EU tätige Firmen ab 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro. Gemäß dem Richtlinien-Entwurf liegt die Schwelle bereits bei 250 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro Umsatz in Branchen, von denen eine Gefährdung von Menschen und Umwelt ausgeht.
Die neue EU-Verordnung enthält eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen. Betroffene können vor europäischen Gerichten auf Schadenersatz klagen. Allerdings können Unternehmen von der Haftung befreit werden, wenn sie ein Compliance-Management-System eingerichtet haben, das sie verteidigt.
Auch wenn es sich momentan nur um einen Entwurf handelt, ist es sinnvoll, sich im Rahmen der Umsetzung des deutschen LkSG ebenfalls an den EU-Regelungen zu orientieren, um später keine weiteren aufwändigen Nachbesserungen vornehmen zu müssen.
Bestechungs- und Korruptionsprävention: Innerhalb der Lieferketten-Compliance sollten auch Aspekte der Bestechungs- und Korruptionsprävention, die im ESG-Check unter Governance fallen, mitberücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund, dass eine Vielzahl von Unternehmen global agieren, müssen unter Umständen zusätzlich noch ausländische Gesetze mit extraterritorialer Geltung berücksichtigt werden.
US Foreign Corrupt Practice Act (FCPA): Ursprünglich galt der FCPA nur in den Vereinigten Staaten. Er gilt als die Mutter aller Antikorruptionsgesetze. Im Jahre 1998 wurde der FCPA dahingehend erweitert, dass auch ausländische Unternehmen und Personen unter den FCPA fallen können. Eine faktische Wirkung wurde erst seit 2004 durch eine vermehrte Umsetzung verzeichnet. Diese Entwicklung hat weltweit zu einer enormen Sensibilität gegenüber Compliance-Fragen geführt und Maßstäbe für die Einrichtung von Compliance-Management-Systemen gesetzt.
Er besteht aus zwei Teilen:
(1.) Antibestechungsregeln: Diese untersagen, mit korruptem Vorsatz nicht-amerikanischen Amtsträgern Leistungen zu gewähren oder zu versprechen, um einen geschäftlichen Vorteil zu erzielen.
(2.) Rechnungslegungs- und interne Kontrollvorschriften: Diese verlangen eine korrekte Buchführung und Datenverwahrung sowie interne Kontrollsysteme, um den ordnungsgemäßen Gebrauch von Firmengeldern zu gewährleisten.
Der FCPA hat darüber hinaus auch andere Länder wie beispielsweise Kanada und Großbritannien dazu ermuntert, ähnliche Gesetze mit extraterritorialer Geltung zu erlassen.
UK Bribery Act (UKBA): Das Gesetz gilt für alle Firmen, die geschäftlich in Großbritannien und Nordirland tätig sind. Die Korruptionshandlung muss nicht dort stattfinden. Auch die durch die Bestechung gewollte Handlung muss nicht im Vereinigten Königreich erfolgen. Das hat zur Folge, dass jedes Geschäft mit Auslandsberührung zum Vereinigten Königreich unter das Gesetz fallen kann.
Deutsche Unternehmen können für korruptes Verhalten auf der ganzen Welt zur Rechenschaft gezogen werden, auch wenn die Korruptionshandlung nicht im Zusammenhang mit einer Tätigkeit in UK steht. Es reicht aus, dass betroffene Unternehmen Geschäftstätigkeiten im Vereinigten Königreich ausüben. Dass Aktien des Unternehmens am London Stock Exchange gehandelt werden oder Tochtergesellschaften in UK gemeldet sind, ist allein jedoch nicht ausreichend.
United Nations Global Compact (UNGC): Der Global Compact der Vereinten Nationen hat zehn Prinzipien[iii] aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung entwickelt, die sich nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auf die gesamte Wertschöpfungskette anwenden lassen. Der UN Global Compact und das UN Global Compact Netzwerk Deutschland (UN GCD) rufen Unternehmen dazu auf, ihre Strategien an diesen zehn Prinzipien auszurichten Auch wenn es sich um eine unverbindliche Empfehlung handelt, ist der UNGC die weltweit größte Initiative für unternehmerische Nachhaltigkeit (auch bekannt als Corporate Social Responsibility) mit 13.000 Unternehmensteilnehmern und anderen Interessengruppen in über 170 Ländern. Der Leitfaden „Nachhaltigkeit in der Lieferkette[iv]“ kann von Unternehmen unterstützend zu Rate gezogen werden, um ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement aufzubauen und weiterzuentwickeln. Allerdings beleuchtet der UNGC das Verhältnis zu vorgelagerten Zulieferern und konzentriert sich nicht auf Beziehungen zu Händlern, Endkunden oder die Produktentsorgung. Mit in der Wertschöpfungskette nachgelagerten Akteuren wird sich das Global Compact Office der Vereinten Nationen in Zukunft näher befassen.[v]
United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC): Das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen bietet ein webbasiertes Antikorruptionsportal namens TRACK[vi] (Tools and Resources for Anti-Corruption Knowledge) an. „Die United Nations Convention against Corruption (UNCAC) Legal Library ist eine umfassende Datenbank mit Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung und Vermögensabschöpfung sowie mit Rechtsprechung aus über 175 Staaten, systematisiert gemäß den Anforderungen des Übereinkommens. Die Rechtsbibliothek, die regelmäßig aktualisiert wird, zeigt Gesetze auf, die erfolgreich zur Wiedererlangung von Vermögenswerten eingesetzt wurden, aber auch die Hindernisse durch unzureichende oder unvereinbare Rahmenwerke. Diese praktische und benutzerfreundliche Ressource wird Länder bei der Gestaltung und Verbesserung ihrer Rechtsrahmen helfen, so dass sie der Wiedererlangung gestohlener Vermögenswerte förderlich sind.“[vii]
Die Datenbank bietet eine einzigartige Übersicht über die UNCAC-Artikel und die entsprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts. Die Suche kann auf ein bestimmtes Land, ein UNCAC-Kapitel und einen UNCAC-Artikel beschränkt werden. Wenn man auf einen Ländernamen klickt, öffnet sich eine Seite mit Links zu detaillierten Informationen über die innerstaatlichen Behörden zur Korruptionsbekämpfung und dem vollständigen Wortlaut der UNCAC-bezogenen Gesetze. Auch hier können sich Unternehmen gezielte Hilfestellungen und relevante Informationen für ihre Compliance heraussuchen.
Wer überprüft die Einhaltung des LkSG?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüft die Einhaltung des Gesetzes. Es kontrolliert die Unternehmensberichte und geht eingereichten Beschwerden nach.
Für die Überwachung des Lieferkettenmanagements der Unternehmen wird eine Behörde mit effektiven Durchsetzungsinstrumenten ausgestattet. Die zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, hat weitgehende Kontrollbefugnisse. Sie kann etwa Geschäftsräume betreten, Auskünfte verlangen und Unterlagen einsehen sowie Unternehmen auffordern, konkrete Handlungen zur Erfüllung ihrer Pflichten vorzunehmen und dies durch die Verhängung von Zwangsgeldern durchsetzen.
Fazit
Mit dem Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes gehen zahlreiche rechtliche Verpflichtungen für Unternehmen einher. Nicht außer Acht zu lassen sind die rechtlichen Vorschriften aus anderen Ländern, die aufgrund ihrer exterritorialen Wirkung ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Daneben empfiehlt sich ein ESG-Check.
Die nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen müssen einen klaren, verhältnismäßigen und zumutbaren gesetzlichen Rahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten erfüllen. Die Anforderungen orientieren sich am Due-Diligence-Standard.
Zur Einhaltung dieser rechtlichen Verpflichtungen bedarf es neben eines wirksamen Risikomanagements auch weitergehender Pflichten und der Implementierung von verschiedenen Mechanismen, die einer gewissen Vorlaufzeit bedürfen. Diese lassen sich nicht pauschal benennen, sondern müssen individuell für die jeweiligen Unternehmen klar identifiziert werden.
In unserem bereitgestellten Download können Sie selbst eine erste Einschätzung über Art und Umfang der rechtlichen Verpflichtungen vornehmen, von denen ihr Unternehmen aufgrund des LkSG betroffen sein kann. Aus der nachfolgenden Übersicht entnehmen Sie, welche Schritte zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes zu erfüllen sind. Für weitergehende Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
[i] Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter in Indonesien. Welche Organisationen setzen sich für bessere Umstände ein?
[ii] Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz; NJW-Spezial 2021, 399
[iii] The Ten Principles of the UN Global Compact
[iv] UN Global Compact Office: NACHHALTIGKEIT IN DER LIEFERKETTE - Ein praktischer Leitfaden zur kontinuierlichen Verbesserung
[v] UN Global Compact Office: NACHHALTIGKEIT IN DER LIEFERKETTE - Ein praktischer Leitfaden zur kontinuierlichen Verbesserung
[vi] TRACK — UNODC's central platform of tools and resources for anti-corruption knowledge
[vii] UNCAC Legal Library Launched: New Database of Anti-Corruption Legislation from 178 States
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