Malta – seit Jahren in der Kritik, nun hat das Land es aufgrund erhöhter und anhaltender Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken als erster EU-Mitgliedstaat auf die "graue Liste" der Financial Action Task Force (FATF) geschafft. Die „graue Liste“ ist eine globale Liste der Länder, die unter verstärkter Beobachtung wegen Mängeln in der Umsetzung der FATF-Standards stehen.
Als internationale Kontrollinstanz setzt die FATF die Standards und Empfehlungen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation) und prüft deren Umsetzung regelmäßig. Mehr als 200 Staaten und Jurisdiktionen verpflichten sich zur Einhaltung der FATF-Standards, darunter alle Mitgliedsstaaten der EU.
Der Staat Malta taucht seit vielen Jahren immer wieder im Zusammenhang mit Korruption, Geldwäsche und organisiertem Verbrechen auf. Dennoch war die EU-Kommission bis dato untätig und hat sich bei der FATF-Vollversammlung sogar schützend vor Malta gestellt - und dies, obwohl unter anderem die „Blockchain Island“-Strategie des Inselstaates EU-intern mit Sorge betrachtet wird. Über Malta erhalten Krypto-Unternehmen Zugang zur EU. So hat beispielsweise Crypto.com am 08. Juli 2021 eine Virtual Asset License erhalten, die ihr den Geschäftsbetrieb innerhalb der gesamten EU ermöglicht.
Malta ist nicht allein. Auch andere europäische Länder weisen Mängel bei der Umsetzung und Durchsetzung von Gesetzen und Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche auf. Insgesamt 18 EU-Mitgliedsstaaten hat die FATF bis November 2020 überprüft und kein einziger hat ein hohes Maß an Effektivität in Bezug auf die wichtigsten Indikatoren zur Bekämpfung von Geldwäsche erreicht.
Interessant in diesem Zusammenhang sind Länder wie Lettland und Andorra, bei denen es aufgrund eklatanter Mängel in den Prozessen zu Schließungen von Banken kam. Auch in der "Russian Laundromat"-Affäre spielte Lettland eine Rolle. Die FATF hat beide Länder aber bis heute nicht in die graue Länderliste aufgenommen. Vielleicht liegt dies darin begründet, dass Lettland und Andorra Mitglied bei MONEYVAL[1] sind.
Ein weiteres Beispiel für fragwürdiges Handeln lieferte Zypern mit dem 2013 ins Leben gerufenen Programm „Golden Passport“, um – so die offizielle Verlautbarung – „aufgrund der Finanzkrise ausländisches Kapital anzuziehen und den eigenen Immobilienmarkt zu stützen.“ Der Clou dabei: Zypern hat NICHT-EU-Bürgern die zyprische Staatsbürgerschaft versprochen, wenn diese mindestens zwei bis zweieinhalb Millionen Euro entweder in Immobilien oder in ein Unternehmen mit mindestens fünf Beschäftigten oder in Aktien zyprischer Firmen und zyprische Staatsanleihen investieren. Auf diese Art und Weise flossen dem zyprischen Staat binnen sechs Jahren mehr als acht Milliarden Euro zu, teils an Kapital, teils an Investitionen. Für die Investoren ein lukratives Geschäft, denn neben der zyprischen Staatsbürgerschaft und dem damit verbundenen Recht in die EU einreisen zu dürfen, verschaffte der zyprische EU-Pass seinem Besitzer das Recht, in mehr als 150 Länder der Welt ohne jedes Visum einreisen zu können. Im Jahr 2020 stellte Zypern das Programm auf Druck vieler anderer EU-Mitgliedsstaaten ein. Bulgarien und Malta hatten ähnliche Programme im Angebot.
Welche Folgen hat die FATF-Einstufung Maltas für Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG)?
Gemäß der Delegierten Verordnung der Europäischen Kommission (Richtlinie (EU) 2015/849) sind für Drittländer verstärkte Sorgfaltspflichten anzuwenden.
Auszug aus der Richtline (EU) 2015/849:
gestützt auf die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments (…) zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, (…), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2, in Erwägung nachstehender Gründe:
(2) Alle Verpflichteten in der Union im Sinne der Richtlinie (EU) 2015/849 sollten in ihren Beziehungen zu natürlichen und juristischen Personen, die in Drittländern mit hohem Risiko niedergelassen sind, verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden und damit unionsweit vergleichbare Anforderungen an die Marktteilnehmer gewährleisten.
Malta als Mitglied der EU fällt nicht unter die Definition eines Drittstaates. Daraus können Verpflichtete nach dem GwG ableiten, dass die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten bei
- Geschäftsbeziehungen mit dem maltesischen Staat,
- Geschäftsbeziehungen zu natürlichen und juristischen Personen mit Sitz in Malta oder
- Geschäftsbeziehungen zu natürlichen und juristischen Personen aus Malta
nicht angezeigt ist. Jedoch sollte die Aufnahme Maltas in die „graue Liste“ dazu führen, dass eine entsprechende Anpassung in der Risikoanalyse erfolgt und gegebenenfalls Maßnahmen ergriffen werden (siehe auch FATF: http://www.fatf-gafi.org/publications/high-risk-and-other-monitored-jurisdictions/documents/increased-monitoring-june-2021.html). Zudem kann auch eine Anpassung beziehungsweise Erweiterung im eingesetzten Research-System abgeleitet werden, um unter anderem den Zahlungsverkehr mit Malta genauer zu untersuchen und zu überwachen.
Malta zeigt sich vielen Verpflichteten nicht zum ersten Mal als Land mit Geldwäsche-relevanten Risiken. Bereits im Jahr 2017 geriet Malta in den Fokus der in Deutschland dem GwG verpflichteten Institutionen. Denn mit der Novellierung des deutschen GwG und der Erweiterung des §2 waren auch sämtliche Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen in der Pflicht. Das Problem: Die meisten Anbieter von (Online-) Glücksspiel-Plattformen wiesen einen Sitz auf Malta aus, womit die deutsche Regulierung ausgehöhlt wurde.
In diesem Zusammenhang sei ein Exkurs zum Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland gestattet. Dieser ist zum 01. Juli 2021 in Kraft getreten. Geschlossen zwischen allen 16 Bundesländern in Deutschland regelt der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) bundesweit die Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen. Um Glücksspiel betreiben zu dürfen (online oder vor Ort als Spielhalle), benötigt der Betreiber eine offizielle Glücksspiel-Lizenz. Durch den neuen Glücksspielvertrag ist das Spielen und Betreiben nun legalisiert.
Glücksspiel in Deutschland war davor eher eine rechtliche Grauzone, eigentlich illegal, aber doch irgendwie legal. Laut deutschem Recht waren das Betreiben und Spielen in Spielhallen grundsätzlich verboten, nur das Spielen in staatlichen Lotterien war erlaubt. 2011 beschloss das Bundesland Schleswig-Holstein eine Sonderregelung, zu der jedoch keines der anderen Länder zu stimmte. Daher erfuhr das Glücksspiel in Deutschland nur eine teilweise Legalisierung. Trotz stark eingeschränkter Vergabe von Lizenzen wurden immer neue Online-Casinos gegründet. Das Europarecht machte es möglich: Glücksspiel ist legal, wenn der Anbieter über eine entsprechende Lizenz innerhalb der EU verfügt. Deshalb haben die meisten Spielhallen-Betreiber ihren Sitz auf Malta oder Gibraltar, und Spielen in Deutschland musste geduldet werden.
Durch die Aufnahme Maltas auf die sogenannte „graue Liste“ der FATF sind nun die Verpflichteten dazu angehalten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Man darf gespannt sein, ob und wenn ja, wann die Europäische Kommission Malta auf die EU-Länderliste (DelVO) setzen wird und, ob Malta das einzige Land in der EU auf der sogenannten „grauen Liste“ der FATF bleiben wird.
[1] MONEYVAL wurde im Jahr 1997 gegründet und ist ein Expertenausschusses des Europarates, dessen Aufgabe es ist, die Umsetzung der Standards gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu überwachen und zu erleichtern. MONEYVAL gehören Länder an, die Mitglied im Europarat, aber kein Mitglied der FATF sind. MONEYVAL bezieht sich bei seinen Untersuchungen auf die von der FATF publizierten Standards und berichtet der FATF über ihre Ergebnisse.