Am 19. August 2021 hat die Generalzolldirektion den Financial Intelligence Unit (FIU) Jahresbericht für das Berichtsjahr 2020 veröffentlicht, der Aufschluss darüber geben soll, welche Wirtschaftsbereiche besonders unter dem Einfluss (finanz-)krimineller Handlungen stehen.
Folgende Themen spielen aus Sicht der msg Rethink Compliance im Jahresbericht eine besondere Rolle:
- Verpflichtung weiterer Berufsgruppen (sogenannte „DNFBPs" - Designated Non-Financial Businesses and Professions)
- Handelsbasierte Geldwäsche („Trade-Based Money Laundering“)
- „Hawala-Banking“
- COVID-19
- Internationale Zusammenarbeit
- Sonstige Beobachtungen
Im #rethinkcompliance Blog werden wir diese Themen in sechs Teilen näher beleuchten. Im heutigen Blog nehmen wir zunächst Bezug auf die Verpflichtung weiterer Berufsgruppen.
Verpflichtung weiterer Berufsgruppen
Nach der ersten Nationalen Risikoanalyse 2018/2019, die dem deutschen Immobiliensektor ein hohes Geldwäscherisiko testierte, ist am 01. Oktober 2020 die Verordnung GwGMeldV-Immobilien in Kraft getreten. Sie verpflichtet neben dem Immobiliensektor auch rechtsberatende Berufe wie Notare, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater dazu, Verdachtsmeldungen an die FIU zu übermitteln.
Als Konsequenz daraus kann es daher nicht erstaunen, dass die Anzahl der Verdachtsmeldungen aus diesem Kreis sprunghaft gestiegen ist, allen voran bei der Berufsgruppe der Notare.
Während es im Vergleich der Jahre 2018 zu 2019 zu einer Steigerung von über 100 % gekommen war (Anmerkung: 2018 wurden 8 Verdachtsmeldungen übermittelt, 2019 insgesamt 17), kam es im Jahr 2020 zu insgesamt 1.629 Meldungen an die FIU. Es wird also interessant sein zu beobachten, ob sich dieser Trend in den Folgejahren fortsetzen und dann auf hohem Niveau verbleiben wird.
Abbildung 1: Anzahl der Verdachtsmeldungen nach Verpflichteten-Gruppen (Quelle: FIU Jahresbericht 2020)
Das Thema Geldwäsche ist für Notare nicht gänzlich neu. Das Bundesministerium der Justiz hat bereits 2004 hierauf aufmerksam gemacht. Die öffentlich zugängliche Studie „Gefährdung von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Notaren und Wirtschaftsprüfern durch Geldwäsche“
Quelle:
zielte darauf, diese Berufsgruppe anhand von konkreten Fallgestaltungen für das Thema zu sensibilisieren. Es bedurfte allerdings erst einer gesetzlichen Regelung, dass auch Notare fortan Verdachtsmeldungen an die FIU weiterleiten müssen. So ist beispielsweise eine Meldung zu erstatten, wenn Vertragsparteien aus Risikostaaten kommen oder wenn die Umstände der Kaufpreisabwicklung insgesamt nicht schlüssig erscheinen. Dies liegt unter anderem vor, wenn ein eklatantes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und den bekannten Vermögenswerten der Klienten besteht. Hinsichtlich der Definition eines Risikostaats ist sicherlich noch Klärungsbedarf notwendig. Nur auf die Liste der EU-Delegierten-Verordnung sowie auf die durch die FATF publizierte Länderliste zu referenzieren, scheint zu kurz gegriffen. Die Länder beispielsweise, die der sogenannte „Russian Laundromat“ für seine finanziellen Aktivitäten genutzt hat, sind hier bislang nicht erfasst.
Für die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz wäre es ausgesprochen hilfreich, Kenntnis zu erhalten, bei welchen Sachverhalten zum Beispiel die Berufsgruppe der Notare Verdachtsmeldungen an die FIU übermittelt hat. Dies dürfte den Verpflichteten einen Hinweis geben, mit welchen Typologien sich die Kreditwirtschaft im Zusammenhang mit Immobilienfinanzierungen auseinandersetzen muss. Hier hat die FIU in der Vergangenheit durch ihre Newsletter und die dort dargestellten Anhaltspunkte wichtige Vorarbeit geleistet, um die Verpflichteten entsprechend zu informieren.
Im Ganzen gesehen ist die Verpflichtung der Notare ein Schritt in die richtige Richtung für eine effektivere Geldwäscheprävention. Dieser kommt allerdings sehr spät. Letztendlich bleibt aber festzuhalten, dass der explosionsartige Anstieg der Meldungen gerechtfertigt und nach dem Motto „besser spät als nie“ mehr als notwendig erscheint.
Wichtig wird weiterhin sein, dass dieser Personenkreis auch stichprobenartig hinsichtlich der Einhaltung der Rechtsverordnung durch unabhängige Gremien geprüft wird. Die Herausforderung für die Prüfer wird darin bestehen, zunächst einmal einen Katalog von Indikatoren zu erstellen, um standardisierte Prüfungshandlungen vornehmen zu können.
Nach den Erfahrungen aus den Notariaten wird es nun auch interessant zu verfolgen sein, ob die Fallzahlen der weiteren Verpflichteten, wie Immobilienmakler oder Steuerberater, ebenfalls signifikante Steigerungen in der Zukunft aufweisen werden.
Abbildung 2: Anzahl Verdachtsmeldungen nach Verpflichteten-Gruppen
Wir sind gespannt auf den FIU Jahresbericht 2021, um zu erfahren, ob sich dieser Trend entsprechend fortsetzt.