Seit dem 18. März 2021 ist die Neufassung des Paragrafen 261 Strafgesetzbuch (StGB) in Kraft getreten und die Geldwäschestrafbarkeit erheblich ausgeweitet worden. Während die Vorgängerfassung die Geldwäschetatbestände explizit aufführte und ein Vortatenkatalog detailliert auflistete, was eine Vortat für eine Geldwäschehandlung darstellen konnte, steht mit der Novellierung des § 261 StGB nunmehr der „All-Crime-Ansatz“ im Fokus. Dieses bedeutet in der Praxis, dass alle rechtswidrigen Taten als Vortat für eine Geldwäschehandlung geeignet sein können. Daher kann auch der einfache Diebstahl zu einer meldepflichtigen, strafbaren Handlung führen, die in einer Verdachtsmeldung gemäß Geldwäschegesetz (GwG) münden kann. Dass die Financial Intelligence Unit (FIU), die in Deutschland für die Bearbeitung von Verdachtsmeldungen zuständig ist, mit einer verstärkten Anzahl von Meldungen umgehen muss, ist eine schlüssige Folge, allerdings erwartet sich das Justizministerium mit dieser Reform eine effektivere Strafverfolgung, was grundsätzlich zu begrüßen ist.
Bereits in den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz bereits signifikant angestiegen. Während im Jahr 2009 insgesamt 9.756 Verdachtsmeldungen erstattet wurden, kam es im Zeitraum 2018 / 2019 zu einer Steigerung von 49% innerhalb eines Jahres und zu insgesamt 114.914 Verdachtsmeldungen im Jahr 2019. Nicht überraschend ist, dass der überwiegende Teil der Verdachtsmeldungen aus dem Finanzsektor übermittelt wurde. Dies dürfte unmittelbar auf die erhebliche Erweiterung der Mitarbeiter im Bereich der Geldwäsche-Compliance zurückzuführen sein. Und genau hier wird die Neufassung des § 261 StGB allem Anschein nach auch die größten Auswirkungen im Bankenbereich haben, da sowohl der Klärungsaufwand steigen wird, aber nun auch Fallkonstellationen zur Meldung kommen, welche in der Vergangenheit nicht betroffen waren oder aber bankintern gelöst wurden.
Zur letzteren Kategorie an Sachverhalten zählen beispielsweise der bekannte „Griff in die Kasse“ oder der „Zugriff auf unbewegte Kundenkonten“ durch Mitarbeiter. Diese wurden im Regelfall innerhalb der Finanzinstitute geklärt und für alle Beteiligten gesichtswahrend abgewickelt. Die Neufassung des § 261 StGB sieht nunmehr vor, dass derartige Sachverhalte an die FIU gemeldet werden. In der Vergangenheit sollte dies im Zweifelsfall vermieden werden, um das Vertrauen in das einzelne Institut und somit in die Kreditwirtschaft nicht zu gefährden. Es wird also auf die Verpflichteten aus der Kreditwirtschaft zunächst einmal die Aufgabe zukommen, eine Risikoanalyse für alle Formen von strafbaren Handlungen - sowohl externe wie auch interne - vorzunehmen. Dieser Typologien-Katalog ist regelmäßig zu aktualisieren und mit geeigneten Maßnahmen zu unterlegen. Dies wird nicht nur zu einer Überprüfung der Research-Systeme führen, sondern ebenfalls mit einer Erweiterung des Regelsets in solchen Systemen einhergehen. Die verbleibenden Risiken, solche die nicht automatisiert erfasst werden können, sind regelmäßig zu überprüfen und die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit und Angemessenheit hin zu untersuchen. Der ständige Wandel der Finanzinstitute in Bezug zu neuen Services und Produkten wird auch zu neuen Fallgestaltungen führen. Die Erweiterung der gesetzlichen Anforderungen stellt die Verpflichteten vor die Herausforderung, den „All-Crime-Ansatz“ darüber hinaus in die Kultur des Unternehmens zu integrieren; möglichst ohne Folgen für das operative Geschäft. Die Umsetzung des novellierten § 261 StGB wird in den kommenden Jahren einer der Schwerpunkte sowohl von internen wie auch externen Prüfungen sein.
Auch wenn die Anforderungen nicht neu sind und bereits seit langer Zeit kontrovers diskutiert wurden, stellt die Neufassung sowohl die Finanzwirtschaft als auch die Ermittlungsbehörden vor große Herausforderungen. Dabei wird die Quantität der Verdachtsmeldungen nach wie vor keinen Rückschluss auf die Qualität zulassen. Es wird spannend sein zu sehen, wie die FIU mit der zu erwartenden Steigerung der Verdachtsmeldungen umgehen wird.