Das Hawala-Banking, gerne auch als „Underground Banking“ bezeichnet, hat eine jahrhundertelange Tradition und existiert in vielen Ländern als Parallelsystem zum traditionellen Banking. Dass dieses System auch zum Zwecke der Geldwäsche beziehungsweise zur Finanzierung des internationalen Terrorismus genutzt werden kann, ist keine neue Feststellung. Die FIU hat diesen nicht regulierten Geldtransfer nunmehr in ihrem Jahresbericht 2020 aufgegriffen und thematisiert.
International hat bereits die FATF diese Form des Geldtransfers im Bericht aus dem Jahre 2013 „The Role of Hawala and Other Similar Service Providers in Money Laundering and Terrorist Financing“ behandelt und konkrete Typologien vorgestellt.
Quelle: FATF
Die von der FATF genannten Typologien und Sachverhalte können zum überwiegenden Teil auch als Regeln in Research-Systemen zur Untersuchung von Transaktionen implementiert werden. Sie können zu Auffälligkeiten in den Systemen führen, die durch die Verpflichteten analysiert werden müssen. Gleichwohl erscheint es sinnvoll, sich mit den Typologien und Fallstudien intensiver auseinanderzusetzen, um eine adäquate Risikostrategie zu implementieren.
So gibt es nicht nur im Zusammenhang mit Hawala, sondern auch im Zusammenhang mit der Finanzierung des Terrorismus die Empfehlung, sogenannte „Money Collection Accounts“ zu prüfen. Gleiches gilt für den Sachverhalt „many to one“, bei dem viele verschiedene Parteien Gelder an einen Empfänger versenden. Die Beträge werden danach unmittelbar ins Ausland überwiesen beziehungsweise an Geldautomaten verfügt.
Bei der Analyse solcher Typologien kann man schnell zu der Erkenntnis kommen, dass Hawala-Banking ein Phänomen ist, bei dem es sich grundsätzlich um kleine Beträge handelt.
Das entspricht nicht den Tatsachen. Die gesamte Thematik ist deutlich komplexer. Dies haben wir in Deutschland im Jahre 2019 wahrgenommen, als das Landeskriminalamt NRW bei einem Edelmetallhändler in Duisburg im Rahmen einer Durchsuchung 26 Millionen Euro in bar beschlagnahmt hat. Man geht davon aus, dass allein dieses Netzwerk insgesamt 212 Millionen Euro über Jahre vorzugsweise in die Türkei geschleust hat.
Quelle: Tageschau
Aktuell werden wir durch die Medien mit einem ähnlich gelagerten Sachverhalt konfrontiert. Er zeigt die Komplexität des Systems, aber auch, dass sich der deutsche Staat des Risikos durchaus bewusst ist.
Quelle: Radio MK
Wenn man sich das Volumen und den Modus Operandi genau vor Augen führt, dann stellt man fest, dass keine der bis dato publizierte Typologien diesen Sachverhalt auch nur annähernd erfasst hatte.
Dass dieses über Jahrhunderte etablierte System grundsätzlich eine Daseinsberechtigung in bestimmten Regionen hat, wird am Beispiel der Fremdarbeiter auf der arabischen Halbinsel deutlich. Die dort tätigen Arbeiter, vorzugsweise aus Ländern wie Bangladesch, Nepal oder Indien rekrutiert, nutzen die dort in einer Vielzahl ansässigen HOSSP’s (Hawala and Other Similar Service Provider), um ihren Familien in der Heimat in regelmäßigen Abständen Geld für den Lebensunterhalt zu überweisen. Dieses System ist in diesen Ländern elementar wichtig, da weder Auftraggeber noch Empfänger oftmals über ein Konto verfügen.
In Deutschland besteht die große Herausforderung darin, die Anbieter derartiger Dienste zu identifizieren. Da durch neue Services, wie beispielsweise Bareinzahlungsautomaten, der Kontakt zum Kunden immer geringer wird und sich die Anzahl der persönlichen Kontakte auch aus Kostengründen seitens der Verpflichteten reduziert, kann ein wichtiges Element bei der Bekämpfung von Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus nicht mehr aktiv gelebt werden: Der persönliche Kontakt zum Kunden, der nach wie vor ein elementarer Baustein einer effektiven Prävention ist.
Hawala-Banking wird in einigen Regionen dieser Welt, in denen das Bankensystem nicht so ausgeprägt ist wie in Europa, immer Bestandteil des Systems bleiben. Es muss aber darauf geachtet werden, dass es durch die Nutzer nicht missbraucht wird, um inkriminierte Werte zu legalisieren oder terroristische Aktivitäten zu unterstützen.
Gleichwohl ist Hawala in Deutschland aufgrund der Gesetzgebung nicht zulässig. Es erfordert enorme Anstrengungen von Seiten der Strafverfolgungsbehörden wie auch der Verpflichteten, derart komplexe Zahlungsverfahren ausfindig zu machen, um die Wirksamkeit der in den Kreditinstituten implementierten Präventionssysteme nicht zu unterwandern.